Rede auf der Demo zur Jahreshauptversammlung von RWE am 30.04.2025

Liebe Freund*innen,
mein Name ist Fabian Fahl, ich habe lange an der RWTH Aachen zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz geforscht und bin nun Mitglied des Bundestags für Die Linke.
Wir stehen heute an einem Kipppunkt – ökologisch, politisch und sozial. Die Klimakrise ist da. Sie ist nicht mehr nur eine Warnung aus der Forschung, nicht mehr nur eine Schlagzeile. Sie ist Alltag und trifft unsere Wälder, Städte und Öko-Systeme. Und besonders jene, die am wenigsten zur Krise beigetragen haben, etwa in Afrika und Asien. So emittiert ein Mensch in Indien im Durchschnitt gerade einmal ein Fünftel der Treibhausgase eines Deutschen und das ganze Land mit vierfacher Bevölkerung gerade einmal die Hälfte der USA. Klimagerechtigkeit muss stets international gedacht werden!
Gleichzeitig fahren fossile Konzerne weiter ihre Mega-Profite ein, allen voran RWE, der größte CO2-Emittent Europas. RWE ist längst ein Symbol dafür, wie Klimazerstörung, soziale Ungleichheit und politische Machtverflechtung Hand in Hand gehen. Wir Linke sagen klar und deutlich: Wer Klimaschutz und -gerechtigkeit will, muss Konzerne wie RWE entmachten. Nicht reformieren, sondern enteignen und vergesellschaften, wie es das Grundgesetz in Artikel 14 zum Wohle der Allgemeinheit erlaubt.
Bei RWE muss von Klimazerstörung im industriellen Maßstab gesprochen werden und deshalb ist es gut, dass wir heute hier sind. RWE emittiert 60 Mio. Tonnen CO2. Der Konzern ist damit für knapp 10 Prozent aller Treibhausgase in Deutschland verantwortlich. Also inklusive Verkehr, Industrie, Landwirtschaft, Gebäude etc.. Zum Vergleich: Das ganze Land Portugal liegt mit insgesamt 37 Mio. Tonnen CO2 im selben Jahr weit darunter.
Dabei ist die wissenschaftliche Lage längst eindeutig: Ein sofortiger und vollständiger Ausstieg aus fossilen Energien ist notwendig, um das 1,5-Grad-Limit des Pariser Klimaabkommens überhaupt noch in Reichweite zu halten. Leider spricht inzwischen viel dagegen, dass wir das 1,5-Grad-Ziel erreichen können. Ich bin da als Wissenschaftler eher skeptisch. Denn global wurde letztes Jahr mit 1,55 Grad Celsius das Ziel bereits gerissen und europaweit hatten wir sogar schon 2,8 Grad. Doch die Antwort darf und kann nicht sein, dass wir nun den Kopf in den Sand stecken. Vielmehr muss sie sein, dass wir jetzt noch entschiedener kämpfen! Denn es gibt keinen Planeten B.
Anstatt endlich umzusteuern, investiert RWE weiter Milliarden in fossile Infrastruktur. Dabei verhält sich die neue Bundesregierung wie eine Erfüllungsgehilfin von RWE und Co.. Wollte die Ampel-Regierung noch „idealerweise 2030“ aus der Kohleverstromung aussteigen, gibt es unter Union und SPD den Ausstieg frühstens 2038. Das setzt sich weiter fort, indem die neue Regierung sogar noch neue Gaskraftwerke bauen will.
Bei RWE gehört Zerstörung zum als Geschäftsmodell! Lützerath ist längst ein Symbol, ein Mahnmal dafür, was passiert, wenn Konzerne zu mächtig werden. Über Jahrzehnte hinweg hat RWE mit staatlicher Unterstützung Borschemich, Garzweiler, Immerath und zahlreiche weitere Dörfer dem Erdboden gleichgemacht. Dabei ist all das nicht notwendig, um die Energieversorgung zu sichern. Dass wegen der Profitgier von Konzernen überhaupt Menschen zwangsumgesiedelt, Lebensräume zerstört und ganze Ökosysteme vernichtet werden und zudem noch das Klima gekillt wird, wurde jahrzehntelang hingenommen. Es war, ist und bleibt aber ein gesellschaftlicher Skandal!
RWE ist kein neutraler „Versorger“, sondern ein Konzern, der im Jahr 2023 auch mit staatlicher Subvention rund 4 Milliarden Euro Gewinn gemacht hat. Gleichzeitig ist in Deutschland laut DIW Berlin jeder siebte Haushalt von Energiearmut betroffen. Das heißt ganz konkret: Menschen sitzen in kalten Wohnungen, schränken sich beim Kochen, Duschen und Heizen ein, weil Konzerne wie RWE die Preise diktieren. Wir sind der Meinung: Energie ist keine Ware – sie ist ein Grundrecht!
Wer heute die Website von RWE besucht, liest von „Klimaneutralität bis 2040“, von „nachhaltigem Wandel“ und „grüner Zukunft“. Doch die Realität ist eine andere: Wer weiterhin in Gaskraftwerke und fragwürdige Wasserstoffprojekte investiert , hat den Schuss nicht gehört. So zockt der Konzern, der jedes Jahr Milliarden Euro an Profit macht, sogar noch 619 Mio. Euro vom Staat ab, für einen 300-Megawatt-Elektrolyseur in Niedersachsen und einen Wasserstoff-Speicher in NRW. Investitionen, die der Konzern locker selbst finanzieren könnte und müsste, anstatt horrende Vorstandsgehälter und Aktiendividenden zu zahlen.
RWE ist außerdem ein Lobby-Konzern. Ob in Landesministerien, Bundesgremien oder bei direkten Lobbytreffen: RWE ist stets mit dabei. Der berüchtigte „Drehtüreffekt“ – Politiker*innen, die nach ihrer Amtszeit in Konzernen landen – ist bei RWE keine Ausnahme, sondern Praxis. Das Beispiel von Wolfgang Clement, der nach seiner Zeit als Bundeswirtschaftsminister mit dienstlich erworbenem Wissen und Netzwerken ein besonders wertvoller RWE-Aufsichtsrat wurde, ist hier in NRW weithin bekannt. Weniger bekannt ist, dass Titus Rebhann von den Grünen, ehemaliger Mitarbeiter von Oliver Krischer und Büroleiter von Annalena Baerbock, nunmehr der Hauptstadt-Repräsentant von RWE ist. Ganz exklusiv durfte RWE-Vorstandschef Jürgen Großmann dem früheren Chef des Bundeskanzleramts, Ronald Pofalla, seine Wunschliste vorlegen.
Unsere Antwort nach all der Kritik heißt fast logisch zwingend: Vergesellschaftung statt Konzernmacht! Was wir brauchen, ist keine grün angestrichene Marktwirtschaft, sondern einen grundlegenden Bruch mit der kapitalistischen und fossilen Logik!
Artikel 15 des Grundgesetzes ermöglicht die Vergesellschaftung von Schlüsselindustrien und das nicht als Symbol, sondern als reale Maßnahme gegen Klimazerstörung und soziale Ungleichheit. Wir wollen die Wirtschaft demokratisieren. Schlüsselbereiche gehören in Gemeineigentum. Dazu zählen neben Energie- auch Wohnungskonzerne. Die gehören unter Kontrolle der Beschäftigten und der Gesellschaft.
Ich fordere daher:
- Die Vergesellschaftung von RWE
- Den Kohleausstieg bis spätestens 2030
- Ein Moratorium für Gasinfrastruktur
- Investitionen in Speichertechnologie, Netze und Ausbildung von Fachkräften
- Energie in Bürger*innenhand – demokratisch, dezentral, nachhaltig
- Und ein günstiges Energiebudget für alle
Die Energiewende darf nicht von Konzernen gesteuert werden, die nach Profitlogik agieren, sondern sie muss von unten kommen. Die Technologie dafür ist da, die juristischen Mittel haben wir und der Wille wächst – von Fridays for Future über Ende Gelände bis hin zu RWE & Co. enteignen. Und dafür werden wir Linke im Bundestag mit einer Fraktion kämpfen, die nicht nur stärker geworden ist, sondern das Ganze grundsätzlich radikal angeht. Wir müssen die Probleme an der Wurzel anpacken! Dabei freue ich mich auf eine enge Zusammenarbeit mit euch. Nehmt den Kontakt auf und wir werden stets ein offenes Ohr für eure Anliegen und Ideen finden.
Vielen Dank!