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Extremereignisse wie in den letzten Jahren werden wir uns zurückwünschen!

Kipppunkt 2025 10 17

Frau Präsidentin,

Die Deutsche Meteorologische Gesellschaft warnt vor 3 Grad Erwärmung bis 2050. Das bedeutet erhebliche globale Ernteausfälle, besonders in Ostdeutschland. Es stellt die Frage, wie viel Agrarfläche noch fruchtbar ist und ob wir am Ende des Jahrhunderts überhaupt noch Wald in Deutschland haben werden. Es bedeutet mehr Extremereignisse wie im Ahrtal und alle paar Jahre das nächste Jahrhundertereignis. Es bedeutet global gestörte Lieferketten und 2 bis 4 Milliarden Menschen auf der Flucht, weil in ihrer Heimat in Spitzenzeiten Temperaturen herrschen, die mit dem Leben nicht mehr vereinbar sind, weil sie zu viel oder zu wenig viel Wasser haben. Das ist die Zukunft, auf die wir zusteuern. Das ist die Zukunft, auf die Sie uns zusteuern.

Es ist dabei schon fast egal, ob wir die 3 Grad bereits 2050 oder doch erst ab 2080 erreichen. Die Auswirkungen werden verheerend. Das 1,5-Grad-Ziel ist gerissen. Die erstmalige globale 2-Grad-Überschreitung, ab der die Risiken für weitere Kippunkte im Klima sehr hoch werden, werden wir sehr wahrscheinlich noch in den 30er Jahren erreichen. Dürre und Extremereignisse wie in den letzten Jahren werden wir uns dann zurückwünschen!

Seit weit über 50 Jahren ist bekannt, dass die fossile Wirtschaft für dieses Katastrophenszenario verantwortlich sein wird. Es wird mehr und mehr zur Wirklichkeit. Und ebenso lange gibt sie Milliarden und Abermilliarden aus, um pseudowissenschaftliche Gegengutachten zu schaffen und den Menschen weiß zu machen, sie seien ja gar nicht Schuld. Und alle, die heute den menschengemachten Klimawandel leugnen oder der Meinung sind, wir könnten uns noch Zeit lassen, sind Opfer dieser Desinformationskampagne und spielen der Fossillobby in die Karten.

Und warum? Wegen kurzfristiger wirtschaftlicher Interessen verheizen sie den Planeten. Die Transformation der Gesellschaft kommt also so oder so. Entweder machen wir aktiv etwas gegen Klimawandel und reduzieren Emissionen so schnell wie möglich, oder der Klimawandel wird uns transformieren.

Wenn wir aber grüne Jobs und Erneuerbare fordern, hören wir von Ihnen, man dürfe die Menschen nicht überfordern. Was meinen Sie denn, wie Ihre Politik die Menschen in Zukunft überfordert? Ihre Antwort ist statt Erneuerbaren und Energiespeichern lieber Gaskraftwerke. Wir brauchen aber eine mutige, entschlossene Politik!

Was sollen junge Menschen denken, deren Zukunft Sie gerade verspielen – die ihre Generationenrechte vor dem Bundesverfassungsgericht einklagen müssen und denen sie, anstatt ihre Sorgen ernst zu nehmen, jetzt auch noch mit Wehrpflicht kommen?

Und ich frage mich, warum diese Aktuelle Stunde ausgerechnet von den Grünen? Sie haben auch Gasinfrastruktur – Flüssiggas, LNG-Terminals – in großem Stil ausgebaut, und zwar nachweislich deutliche Überkapazitäten. Sie haben die Sektorziele im Klimaschutzgesetz aufgeweicht. Sie haben das Heizungsgesetz versemmelt, weil Sie wieder einmal mit Eifer industriepolitische Klimapolitik betreiben wollten, ohne daran zu denken, dass Millionen Menschen hier soziale Kompensation brauchen. Erst dadurch war es den rechten Stimmungsmachern ja möglich, dieses Gesetz auseinanderzunehmen. Das zieht sich das durch ihren gesamten Green Deal. Es ist Wirtschaftspolitik für Reiche, die die Menschen bezahlen sollen.

Wärmepumpen sind eine gute Sache, aber sie wurde zu einem Symbol des Kulturkampfes. Eine hocheffiziente Technologie wird zur persönlichen Glaubensfrage. Es ist unfassbar!

Wir haben eine soziale Förderung bis zu 100 Prozent für Menschen mit geringen Einkommen gefordert. Wir wollten damit etwas für das Sektorziel Gebäude bewegen und die Menschen vor steigenden Preisen bei Wärme bewahren, damit von der versprochenen Transformation auch endlich mal was bei denen ankommt. Aber Sie alle erhöhen den CO2-Preis ohne Ausgleich, ohne Klimageld! Wer aber zur Miete wohnt, kann sich die Heizung nicht aussuchen! Wer auf dem Land wohnt, ist auf das Auto angewiesen, weil der Bus nicht fährt – wegen Ihrer Politik! Und sie alle erhöhen den Preis des Deutschlandtickets.

Gegen das Abbaggern von Lützerath hat Ihre eigene Abgeordnete protestiert! Ich bin ab Sonntag bei den Protesten im Hambacher Forst dabei – es wird dort schon wieder gerodet! Diese Faktenferne in der Klimapolitik, dieses ständige Ignorieren von Sozialbelangen beim Klimaschutz, die doch aber allein aus Akzeptanzgründen schon immer mitgedacht werden müssten, finde ich unerträglich. Unsere Antwort ist Klimapolitik – aber radikal sozial.

  • Deswegen haben wir einen Antrag auf Klimageld eingebracht.
  • Wir fordern das 9-Euro-Ticket zurück.
  • Der Strompreis muss runter, kein Profit mehr mit Energienetzen, Versorgungsnetze in öffentliche Hand!
  • Nachhaltiges und günstiges Bauen und Sanieren – dazu gab es gleich zwei Anträge von uns.

Die Antworten sind da, wir müssen sie nur umsetzen. Sie schaffen Unsicherheit für Menschen und Unternehmen. Wen das stärkt, wissen wir alle. Wir brauchen aber eine Politik, die den Alltag der Menschen spürbar verbessert. Genau das fordern wir. Und das hilft auch gegen rechts.

(Rede zur Aktuelle Stunde „Erster Klima-Kipppunkt laut internationaler Studie überschritten – Konsequenzen für das Handeln der Bundesregierung“ am 17. Oktober 2025)