Längst überfällig ist es, die sog. RED III-Richtline der EU zum Ausbau der Erneuerbaren Energien umzusetzen. Das Ziel des vorgelegten Gesetzes, den Anteil der Erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch bis 2030 auf 42,5% zu steigern, befürwortet Die Linke im Bundestag ausdrücklich. Doch die bereits an vielen Punkten kritikwürdige Vorlage aus dem Habeck-Ministerium vom letzten Jahr wurde durch die neue Regierung auch noch verschlechtert. Unsere Kritikpunkte haben wir in einem Entschließungsantrag zusammengefasst:
07.07.2025; BT-Drs.: 21/568
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Fabian Fahl, Luigi Pantisano, Marcel Bauer, Lorenz Gösta Beutin, Violetta Bock, Jorrit Bosch, Katalin Gennburg, Mareike Hermeier, Ina Latendorf, Caren Lay, Sahra Mirow, David Schliesing, Sascha Wagner und der Fraktion Die Linke
zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD – Drucksachen 21/568, 21/797 –
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung von Vorgaben der Richtlinie (EU) 023/2413 für Zulassungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und dem Wasserhaushaltsgesetz, zur Änderung des Bundeswasserstraßengesetzes, zur Änderung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes und zur Änderung des Baugesetzbuchs
Der Bundestag wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Der Deutsche Bundestag begrüßt die teilweise Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (REDIII), die darauf abzielt, den Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch der EU bis 2030 auf mindestens 42,5 % zu erhöhen. 2024 waren es in Deutschland laut dem Umweltbundesamt nur 22,4 %. Ein beschleunigter Ausbau erneuerbarer Energien ist notwendig, um die Klimaziele zu erreichen und einen wichtigen Beitrag gegen die rapide voranschreitende Erderwärmung zu leisten. Die REDIII-Richtlinie bietet Spielräume, Genehmigungsverfahren für Erneuerbare-Energien-Projekte erheblich zu verkürzen und zu vereinfachen.
Die im Zuge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine beschlossene EU-Notfallverordnung sorgte bisher für planerische Beschleunigungen erneuerbarer Energien, um den Weg zur Energieunabhängigkeit zu ebnen. Diese lief allerdings zum 30. Juni 2025 aus, weshalb eine Regulierungslücke bestand. Darüber hinaus hätte die REDIII-Richtlinie bis 21. Mai 2025 vollständig ins nationale Recht umgesetzt werden müssen. Aus diesen Gründen war zwar Eile geboten, das vorliegende Gesetz ist aber unausgereift. Seine praktische Umsetzung führt zu einem fundamentalen Eingriff in bisherige Verfahrensabläufe und höhlt das seit Jahrzehnten etablierte Umweltrecht aus.
Bestehende Windenergiegebiete werden durch eine Änderung des Windenergiebedarfsflächengesetzes zu Beschleunigungsgebieten umgewidmet. Windenergiegebiete wurden mit dem Gedanken ausgewiesen, dass später – auf Ebene der Genehmigung – gesonderte Umwelt- und Artenschutzprüfungen sowie Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinden werden. Bei Beschleunigungsgebieten sind solche Prüfungen oder Öffentlichkeitsbeteiligung nicht vorgesehen, wodurch ein essenzieller Schritt übersprungen wird. Diese Gesetzänderung ist nicht nur schädlich, sondern auch von den Vorgaben der REDIII-Richtlinie nicht gefordert. Paradoxerweise kann sich dieses Gesetz im Namen des Klimaschutzes negativ auf wertvolle natürliche Kohlenstoffsenken auswirken. Darüber hinaus versäumt das Gesetz, die Öffentlichkeit einzubeziehen und riskiert eine weitere Erosion der Akzeptanz für die Energiewende.
An mehreren Stellen könnte das Gesetz die Genehmigungsverfahren sogar verlängern. Erstens werden behördliche Fristen teilweise verlängert, obwohl hierfür keine Notwendigkeit seitens der Richtlinie besteht. Zweitens verschiebt die Erforderlichkeitsprüfung die Verantwortung, im Zulassungsverfahren nur erforderliche Maßnahmen vorzuschlagen, vom Vorhabenträger auf die Behörden, denen es bereits heute an Ressourcen fehlt. Drittens sieht das Gesetz eine Zahlungspflicht des Anlagenbetreibers bei fehlenden Daten oder einer räumlich und zeitlich ungenauen Datengrundlage vor, obwohl die REDIII-Richtlinie eine solche Regelung nicht vorschreibt. Dies könnte für Antragstellerinnen und Antragsteller einen Anreiz zur Kartierung schaffen, um eine Zahlungspflicht zu vermeiden. Diese zeit-, kosten- und ressourcenintensive Bestandserfassung könnte das Ausbautempo verlangsamen und die Kosten der Energiewende erhöhen.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
einen Gesetzentwurf zur Ausbaubeschleunigung vorzulegen, der
a) die Umweltverträglichkeitsprüfung, die Natura-2000-Prüfung und die artenschutzrechtliche Prüfung in Beschleunigungsgebieten vorschreibt und die Öffentlichkeit in den Genehmigungsprozess einbezieht;
b) zu den kürzeren behördlichen Fristen in Genehmigungsverfahren vor der REDIII-Umsetzung zurückkehrt;
c) die Zahlungspflicht des Anlagenbetreibers bei fehlenden Daten, auf deren Grundlage Maßnahmen angeordnet werden können, abschafft;
d) die zuständigen Planungs- und Genehmigungsbehörden personell und materiell besser ausstattet und Voraussetzungen für schnelle digitale Verfahren schafft;
e) Antragsunterlagen standardisiert und die Koordination zwischen den am Genehmigungsverfahren beteiligten Behörden verbessert;
f) zentrale, öffentlich zugängliche digitale Umwelt- und Artenschutzdatenkataster schafft, die teure und zeitaufwändige Doppelerhebungen von Basisdaten vermeiden und die Qualität und Vergleichbarkeit von Gutachten verbessern;
g) digitale Beteiligungsplattformen schafft, die eine niedrigschwellige und breite Teilhabe ermöglichen und weit über die klassischen Anhörungstermine hinausgehen.
Berlin, den 7. Juli 2025
Heidi Reichinnek, Sören Pellmann und Fraktion
Entschließungsantrag BT-Drs.: 21/568 (PDF)