Aus der Antwort der Bundesregierung auf meine schriftliche Anfrage geht hervor, dass die Entscheidung, den deutschen Kunstpreis für Hanna S. ruhend zu stellen, offenbar ohne rechtliche Grundlage getroffen wurde. Damit verletzt die Bundesregierung das Prinzip der Unschuldsvermutung.
Laut der Antwort der Bundesregierung erfolgte die Aussetzung des Preises, obwohl das Strafverfahren gegen Hanna S. noch nicht abgeschlossen und kein Urteil gesprochen ist. Sich hier auf ein laufendes Verfahren zu berufen, stellt eine klare Vorverurteilung dar und ist mit rechtsstaatlichen Prinzipien nicht vereinbar.
Es gibt erhebliche Zweifel an der Grundlage des Verfahrens, das auf Ermittlungen ungarischer Behörden im sogenannten „Budapest-Komplex“ beruht. Es ist zu hinterfragen, inwieweit die dort getroffenen Feststellungen zur Schwere der Tat als Basis für eine Anklage durch den Generalbundesanwalt in Deutschland dienen können. Außerdem will ich in diesem Zusammenhang auf den umstrittenen Fall der Auslieferung von Maja T. verweisen. All das legt den Verdacht einer politischen Motivation des gesamten Verfahrens nahe.
Es ist bezeichnend und bestätigt meine Bedenken, dass selbst der Bundesgerichtshof den vom Generalbundesanwalt herbeigeredeten Tatverdacht des versuchten Mordes gegen Hanna S. bereits verworfen hat.
Mit der Entscheidung zur Ruhendstellung des Kunstpreises hat sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) einer politisch motivierten Kampagne angeschlossen. Anstatt die Unschuldsvermutung zu wahren, übernimmt die Bundesregierung eine Vorverurteilung, die dem Rechtsstaatsprinzip fundamental widerspricht.
Die Antworten wurden inzwischen veröffentlicht: Fragen 64 und 65 auf Seite 50.